Pneumatische Systemlösung vereinfacht die Dialysebehandlung im Single-Needle-Verfahren
Vom Entwicklungspartner zum Serienlieferant - Die Zusammenarbeit mit Fresenius Medical Care
Fluidische Komponenten spielen in der Medizintechnik überall dort eine Schlüsselrolle, wo Flüssigkeiten präzise dosiert oder Prozesse pneumatisch geschaltet werden sollen. So beispielweise in der Dialyse, die als lebensnotwendiges Blutreinigungsverfahren die Funktion der Nieren bei einem Nierenversagen ersatzweise übernimmt. Die Behandlungsverfahren werden kontinuierlich weiterentwickelt, wodurch die Behandlungsgeräte aber auch komplexer werden.
Pneumatische Systemlösung für Dialysegerät
Dialysegeräte bestehen aus rund 8.000 Bauelementen. Die Fluidikbaugruppen mit Magnetventilen, Pumpen und Sensoren müssen dabei die Abläufe präzise und zuverlässig sicherstellen. Oft sind dabei keine einzelnen Komponenten gefragt, sondern applikationsspezifische Systemlösungen, deren einzelne Komponenten für ein perfektes Zusammenspiel aufeinander abgestimmt sein müssen. Hinzu kommen oft noch Forderungen nach hoher Präzision, Langlebigkeit und kompakten Baumaßen. Hersteller medizintechnischer Geräte sind in solchen Fällen gut beraten, wenn sie einen Fluidikexperten finden, der basierend auf einem umfangreichen Lösungsportfolio und branchenspezifischem Wissen von der ersten Beratung über das komplette Engineering bis hin zur Serienfertigung als kompetenter Entwicklungs- und Systempartner zur Verfügung steht. Wie partnerschaftliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung fluidischer Systemlösungen erfolgreich funktioniert, zeigen Fresenius Medical Care und Bürkert bei der Entwicklung einer pneumatischen Systemlösung für ein Dialysegerät.
Dem Pflegepersonal die Arbeit erleichtern
Das innovative Dialysegerät 6008 CAREsystem wurde entwickelt, um dem Pflegepersonal die Dialysebehandlung im Krankenhaus zu erleichtern. Dazu wurden die Arbeitsprozesse vereinfacht und die Anzahl der notwendigen Handgriffe wurde reduziert. Der Druck aufs Personal sinkt, wodurch mehr Zeit für die individuelle Patientenversorgung bleibt. Dennoch bietet das Dialysesystem gleichzeitig hohe Flexibilität bei der Behandlung mit Hämodialyse, HighVolumeHDF sowie Doppelnadel- oder Single-Needle-Behandlungen. Denn bei der Anwendung kommt nur ein universelles Blutschlauchkassettensystem zum Einsatz, das im Anschluss als Einwegartikel entsorgt werden muss.
Ersatz für eine Schlauchrollen-Pumpe
Die Grundlage für die fluidische Steuerung im Single-Needle-Verfahren bildet eine pneumatische Systemlösung zur Durchflussumkehrung, die Bürkert in enger Zusammenarbeit für Fresenius entwickelt hat. Sie ersetzt die bisher beim Single-Needle-Verfahren eingesetzte Lösung, deren extrakorporaler Blutkreislauf auf einer für die Single-Needle-Behandlung zusätzlich erforderlichen Schlauchrollen-Pumpe und dem dazugehörigen Disposable basierte. Die Blutpumpe und die Expansionskammer befanden sich vor dem Dialysator auf der arteriellen Seite des extrakorporalen Kreislaufs. Der Aufbau mit der abwechselnd fördernden Pumpe hat sich im Patienteneinsatz durchaus bewährt und lieferte gute Behandlungserfolge. Der Hersteller wollte, dem im Klinikalltag oft stark belasteten Bedienpersonal, jedoch die Handhabung erleichtern. Vor allem der Aufwand für die Verschlauchung der Pumpen sollte reduziert werden, um die Rüstzeiten zu verkürzen.
Erste Überlegungen zielten auf den Einsatz von Proportionalventilen, um den notwendigen Druck zu regeln bzw. konstant zu halten. Eine solche Lösung wäre jedoch vergleichsweise kostenintensiv gewesen. Nachdem die Fluidikexperten sich mit der Aufgabenstellung beschäftigt und die diversen Vorgaben analysiert hatten, schlugen sie deshalb eine effizientere Lösung vor: eine pneumatische Steuereinheit, die mit Magnetventilen arbeitet. Sie überzeugte die Entwickler des 6008 CAREsystems bereits in der Konzeptphase, weil sie auf Anhieb schon nahezu allen Anforderungen entsprach.
Die kompakte Baugruppe besteht aus drei Ventilen, einem Drucksensor, einer
Kondensatfalle und einer Membranpumpe, die in einer Kammer Überdruck und
in der zweiten Kammer Unterdruck erzeugt. Zwischen den beiden Kammern schaltet
dann ein Ventil dynamisch um, was eine Schlauchrollen-Pumpe überflüssig macht.
Nur die Kassette muss angeschlossen werden
Im Prinzip besteht die kompakte Baugruppe aus drei Ventilen, einem Drucksensor, einer Kondensatfalle und einer Membranpumpe, die in einer Kammer Überdruck und in der zweiten Kammer Unterdruck erzeugt. Zwischen den beiden Kammern schaltet dann ein Ventil dynamisch um, was eine Schlauchrollen-Pumpe überflüssig macht. Die beiden anderen Ventile dienen als Entlüftungsventile im Fehlerfall. Das Bedienpersonal muss nur die Kassette anschließen und nicht mehr die Pumpe verschlauchen. Das geht deutlich schneller und ist weniger fehleranfällig. Zudem eignet sich die gleiche Kassette nicht nur für Single-Needle-, sondern auch für Doppelnadelanwendungen. Bei Bedarf kann einfach umgeschaltet werden ohne Änderungen am Blutschlauchsystem vornehmen zu müssen.
Die Anforderungen an die eingesetzten Komponenten waren dabei hoch. Die Ventile müssen nicht nur schnell schalten, sondern auch langlebig sein. Das haben die eingesetzten Ventile bereits in vielen anderen Anwendungen bewiesen. Typ 6144 ist ein direktwirkendes 3/2-Wege-Flipper-Magnetventil. Es eignet sich für Drücke bis 10 bar und überzeugt durch seine geringe Leistungsaufnahme. Das Flipperprinzip erzeugt nur geringe Schaltgeräusche und arbeitet mit niedriger Leistungsaufnahme. Die beiden anderen Magnetventile (Typ 127), die in der pneumatischen Durchflusseinheit arbeiten, haben sich ebenfalls in der Medizin-, Labor- und Analysetechnik schon in vielen Applikationen bewährt. Sie ermöglichen präzises Schalten bei sehr geringem Temperatureintrag durch die Spule. Zudem sind die totraumarmen Ventile sehr gut spülbar.
Biokompatibilität im Toxizitätstest nachgewiesen
Zu den wichtigen Anforderungen, die die fluidische Systemlösung für das Dialysesystem erfüllen mussten, zählt die Biokompatibilität der eingesetzten Materialien. Zwar gibt es keinen direkten Blutkontakt, dennoch darf es nicht zu Ausgasungen kommen. Den Nachweis, dass hier keine Gefahr besteht, lieferten erfolgreich absolvierte Toxizitätstests.
Mittlerweile hat sich die pneumatische Systemlösung im klinischen Einsatz bewährt. Das ursprünglich als Frästeil hergestellte Gehäuse wird jetzt aufgrund der mittlerweile großen Stückzahlen im Spritzgussverfahren hergestellt und Fresenius sieht Bürkert als zuverlässigen Partner von der Entwicklung bis zur Serienproduktion. Die Zusammenarbeit geht deshalb weiter, neue fluidische Systemlösungen werden derzeit entwickelt.
„Während der Entwicklungsphase haben wir eng mit Bürkert zusammengearbeitet und wurden von den Fluidikspezialisten bestens unterstützt, sodass wir schon nach kurzer Zeit eine Baugruppe als Funktionsmuster vorliegen hatten, welches wir mit kleinen Anpassungen dann auch für den Serienstart nutzen konnten. Besonders geschätzt habe ich, dass nicht nur Produkte, sondern komplette Lösungen vom Funktionsmuster bis zum kostenoptimierten Serienteil angeboten wurden."